22.3.2019
TMT
> Technologie, Medien und elektronische Kommunikationen

Auswirkungen der Digitalisierung auf die Corporate Governance

Um eine höhere Effizienz zu erreichen, wurden Arbeitsprozesse bereits weitgehend digitalisiert. Es ist zu erwarten, dass die vierte industrielle Revolution durch die Integration dieser digitalen Arbeitsprozesse für eine noch höhere Effizienz sorgen wird. Zweifellos werden diese Änderungen auf die eine oder andere Weise auch Auswirkungen auf die Corporate Governance von Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit in hohem Maße digital ist, haben.

Laut einleitenden Feststellungen der Richtlinie 2017/828 (Aktionärsrechterichtlinie – SRD II) ist in der Europäischen Union ein nicht optimales Management von Unternehmen zu erkennen, weil die Überwachung von Unternehmen sowie das Engagement der Eigentümer unzureichend und zu stark auf kurzfristige Gewinne ausgerichtet sind. Die Beziehungen zwischen den Eigentümern und der Gesellschaft werden immer komplexer, was den Informationsfluss und folglich die effektive Ausübung der Rechte der Eigentümer behindert. Die Europäische Kommission hat zahlreiche Maßnahmen auf dem Gebiet der Corporate Governance angekündigt, insbesondere zur Förderung des langfristigen Engagements der Aktionäre und zur Erhöhung der Transparenz der Geschäftstätigkeit von Unternehmen und institutionellen Anlegern. Eine aktivere Einbindung der Eigentümer in die Corporate Governance ist eines der Instrumente, die zur Verbesserung der Unternehmensleistung beitragen können.

Infolge dieser Feststellungen wurde die Aktionärsrechterichtlinie SRD II angenommen. Im Jahr 2019 ist aufgrund der Umsetzung der SRD II eine Änderung des slowenischen Gesetzes über Wirtschaftsgesellschaften zu erwarten. Da Aktien über komplexe Ketten von Intermediären gehalten werden, ist die Ausübung von Aktionärsrechten erschwert. Zum Zwecke der direkten Kommunikation mit den Aktionären sowie zur Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten und der Mitwirkung der Aktionäre regelt die SRD II das Recht der Unternehmen zur Identifizierung ihrer Aktionäre neu. Die Identifizierung ist eine Voraussetzung für die direkte Kommunikation zwischen den Aktionären und der Gesellschaft. Die SRD II regelt auch die Pflicht zur Übermittlung von Informationen, welche die Ausübung von Aktionärsrechten über eine Kette von Intermediären ermöglichen. Intermediäre müssen die Ausübung der Rechte der Aktionäre erleichtern, einschließlich des Rechts auf Teilnahme an und Stimmabgabe in Hauptversammlungen, entweder derart, dass dem Aktionär ermöglicht wird, seine Rechte auszuüben, oder dass seine Rechte in seinem Namen von Intermediären ausgeübt werden. Der Aktionär hat das Recht zu bestätigen, dass die Gesellschaft seine Stimmen ordnungsgemäß eingetragen und gezählt hat. Es scheint, dass diese Pflichten aus der SRD II am einfachsten durch digitale Lösungen zu erfüllen sind.

Zweifellos könnte gerade die Digitalisierung der Beziehungen zwischen Aktionären und Unternehmen die vielen Reibungen beseitigen, die in diesen Beziehungen auftreten. Digitale Lösungen werden im europäischen Raum bereits seit einiger Zeit für bestimmte Kommunikationsarten eingesetzt. Die Gesellschaft und der Aktionär kommunizieren insbesondere im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Hauptversammlung, der Teilnahme und der Stimmabgabe in der Hauptversammlung sowie im Zusammenhang mit der Ausübung von Aktionärsrechten, die außerhalb der Hauptversammlung ausgeübt werden. Für diese Kommunikationsarten werden am häufigsten E-Mails, Firmenwebsites oder öffentliche Informationsportale (z. B. SEOnet) und Online-Unternehmensregister (z. B. AJPES) verwendet. Bei der Durchführung von Hauptversammlungen wurde bereits mit dem Einsatz verschiedener elektronischer Abstimmungssysteme und der Live-Webübertragung von Hauptversammlungen begonnen. In zunehmendem Maße werden auch die Durchführung virtueller Hauptversammlungen und die Verwendung der Technologie der Verkettung von Datenblöcken in Betracht gezogen. Von digitalen Lösungen wird erwartet, dass sie die Interaktionen zwischen Unternehmen und Aktionären beschleunigen, kostengünstiger machen und vereinfachen, wodurch die Beziehungen effizienter und sicherer werden sollen. Eine von Ernst&Young für die Europäische Kommission durchgeführte Studie kam zu dem Schluss, dass die im rechtlichen Umfeld herrschende Präferenz für die Verwendung digitaler Instrumente bei der Corporate Governance nicht in Korrelation zur tatsächlichen Verwendung solcher Tools steht. Dies bedeutet, dass der Einsatz digitaler Tools weitgehend vom sozialen und kulturellen Umfeld und nicht von rechtlichen Beschränkungen abhängt.

In Slowenien werden digitale Tools eingesetzt, um die grundlegenden Funktionen der Corporate Governance auszuüben. In der Vereinigung von Aufsichtsräten Sloweniens (Združenje nadzornikov Slovenije) wurde ein Expertenteam gebildet, dessen Aufgabe darin besteht, die möglichen Entwicklungstrends der Corporate Governance aufgrund der Auswirkungen der Digitalisierung der Geschäftstätigkeit und neuer Technologien zu prüfen. In der Gruppe haben wir festgestellt, dass die Technologie der Verkettung von Datenblöcken auch bestimmte Auswirkungen auf die Corporate Governance haben könnte. Aufgrund regulatorischer Hindernisse ist die breitere Nutzung dieser Technologie derzeit etwas begrenzt. Wir sind jedoch der Ansicht, dass diese Technologie dazu genutzt werden könnte, den Einfluss der wirtschaftlichen Eigentümer (wirtschaftlich Berechtigten) in der Struktur des indirekten Aktienbesitzes effektiver und direkter zu machen. Bei bestimmten gesetzlichen Anpassungen könnte diese Technologie auch zur Ausübung der Grundfunktionen der Hauptversammlung verwendet werden. Insbesondere könnte die Technologie die Einberufung der Hauptversammlung, die Übermittlung des Sitzungsmaterials, die Kommunikation mit den Aktionären, die Identifizierung der Aktionäre, die Vergabe von Stimmrechten, die Stimmabgabe und die Prüfung der Abstimmung kostengünstiger machen und beschleunigen. Im zweiten Schritt könnte Slowenien einigen anderen Ländern (beispielsweise Delaware) folgen und den Einsatz der Technologie der Verkettung von Datenblöcken für die Ausgabe von Beteiligungspapieren ermöglichen.

Aufgrund des technologischen Fortschritts und des starken Wettbewerbs ist weltweit zu erkennen, dass Unternehmen (z. B. Amazon, Airbnb, Google …) neue Organisationsmodi verwenden, die sich von der klassischen hierarchischen Organisationsstruktur unterscheiden und als „Plattformen“ bezeichnet werden. Aus den Überlegungen der Tilburg Law School folgt, dass eine solche Organisationsform technische Lösungen nutzt, um den wirtschaftlichen Austausch, den Informationstransfer und die Verbindung zwischen Menschen zu erleichtern. Diese Unternehmen haben keine hierarchische Governance-Struktur, sondern eine ausgewogenere Struktur, die eine bessere Art der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Stakeholdern (z. B. Mitarbeitern, Entwicklern, Benutzern, Partnern …) ermöglicht. Das Wesentliche bei Plattformen besteht auch darin, dass einzelne Stakeholder für die Schöpfung von Inhalten bzw. Werken für die Plattform belohnt werden, was für sie und die Plattformeigentümer eine Wertschöpfung und folglich Gewinn bedeutet. All dies ermöglicht eine schnellere Reaktion auf den Markt und eine schnellere Umsetzung von Innovationen. Aus dieser Sicht könnte man bezüglich der Corporate Governance in Erwägung ziehen, wie das Potenzial aller an der Plattform beteiligten Stakeholder ausgeschöpft werden könnte, die wesentlich zum langfristigen Erfolg des Unternehmens beitragen, statt nur die Interessen der Eigentümer zu berücksichtigen und zu schützen. Im Zeitalter der Plattformen scheint es der hierarchischen Struktur nicht zu gelingen, dem technologischen Fortschritt und den Bedürfnissen der Nutzer effizient zu folgen und sich ihnen anzupassen.

Wie man erkennen kann, wird die Digitalisierung zweifellos dazu beitragen, die Beziehungen innerhalb der Corporate Governance effizienter zu gestalten. Es könnte sogar dazu kommen, dass man gerade wegen der positiven Auswirkungen der Digitalisierung die Beziehungen innerhalb der Corporate Governance wird ändern müssen, um den Trends leichter folgen zu können und einen langfristigen Erfolg der Unternehmen zu erreichen.