6.4.2018
TMT
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Kollektivklagen – neuer gerichtlicher Weg, den die ICO Projekte verfolgen werden müssen?

Ab April gilt das Gesetz über Kollektivklagen (ZKolT), das den Zugang zur Justiz erleichtern soll, rechtswidrige Handlungen aufhalten und verhindern soll und den Schadenersatz im Falle von Massenschaden wegen der Verletzung der Rechte auf bestimmten Gebieten ermöglichen soll. In der Zeit des Aufschwungs der Beschaffung von Startkapital mit Initial Coin Offering (ICO), das keiner besonderen Regulierung unterliegt, die die Einzahler schützen würde, scheint die zeitliche und inhaltliche Umsetzung solchen Gesetzes mehr als günstig. Wird aber ZKolT wirklich seinen Zweck erreichen auch bei Verletzungen, wenn die Geschädigten die Einzahler ins ICO Projekte bzw. die Inhaber der Krypto-Münzen sind?

Warum sich ICO Projekte für Kollektivklagen interessieren sollen

Der Trend der Mittelbeschaffung mittels ICO hat sich letztes Jahr weit verbreitet und hat im globalen Maßstab 5,6 Milliarden USD (nach Angaben der Webseite Business Insider) gesammelter Mittel überschritten. Davon haben nur slowenische Teams mehr als 110 Millionen USD (nach Angaben der Webseite Finance.si) gesammelt. Im Ausland wurden 2017 gleichzeitig auch die ersten Kollektivklagen wegen Verletzungen bei solcher Art und Weise der Mittelbeschaffung erhoben. Der am meisten durchschlagende ist der Beispiel zahlreicher so genannten class action Klagen in den USA gegen die schweizerische Stiftung Tezos, die im Juli 2017 ICO durchgeführt hat und 232 Millionen USD gesammelt hat. Außerdem wurden auch mehrere Kollektivklagen gegen die Gesellschaft Dynamic Ledger Solutions als den Inhaber der Rechte des geistigen Eigentums der Stiftung Tezos und gegen die Hauptmitglieder des Teams Arthur und Kathleen Brightman erhoben. Die Geschädigten in diesen Verfahren stützen ihre Ansprüche auf die Verletzungen der Vorschriften über Ausgabe und Veräußerung der Finanzinstrumente, wobei den Beklagten auch unlautere Geschäftspraktiken und mangelhafte und irreführende Bereitstellung von Informationen über das Projekt vorgeworfen werden. Es ist interessant, dass die Geschädigten in ihren Klagen sogar die Vereinbarung über den Wahl des zuständigen Gerichts und des anwendbaren Rechts anfechten, da ihrer Meinung nach, trotz abweichender Vorschriften in allgemeinen Bedingungen, das amerikanische Recht für die Entscheidung über die Streitigkeit gelten soll, und nicht das schweizerische, wobei das amerikanische Gericht zuständig sein sollte, und nicht das Gericht in der Schweiz. Auch alle slowenischen Teams, die ihre Produkte international anbieten, werden mit ähnlichen Risiken konfrontiert. Deswegen sollten sie sich auf jeden Fall für die Konsequenzen, die das neue ZKolT für sie bringen könnte, interessieren.

Umfang der Anwendung des ZKolT im Bereich der Krypto-Münzen

ZKolT beschränkt die Möglichkeit zur Erhebung einer Kollektivklage nur auf im Voraus definierte Bereiche. Das bedeutet, dass im Falle einer Massenverletzung der Rechte zuerst zu beurteilen ist, ob es sich überhaupt um einen Bereich handelt, wo Kollektivschutz nach slowenischem Recht möglich ist. Unter anderem können mit Kollektivklage nach ZKolT auch Ansprüche der Verbraucher wegen einer Verletzung ihrer Rechte und Ansprüche (natürlicher und juristischer Personen), die sich auf eine Verletzung der Regeln über Handel in organisierten Märkten und auf verbotene Verhaltensweise des Marktmissbrauchs gemäß dem Gesetz über den Markt für Finanzinstrumente (ZTFI) beziehen, geltend ­gemacht werden. Es scheint, dass in der Praxis Kollektivklagen vor allem in diesen zwei Bereichen vorkommen könnten.

Im Zusammenhang mit der ersten Grundlage legt ZKolT fest, dass Verbraucher Ansprüche geltend machen können sowohl wegen einer Verletzung ihrer Rechte aus Vertragsverhältnissen mit Unternehmen als auch wegen einer Verletzung anderer (nicht vertraglicher) Rechte nach den Verbraucherschutzvorschriften. Es muss betont werden, dass nach slowenischem Recht nur natürliche Personen, die Waren oder Dienstleistungen für Zwecke außerhalb ihrer Geschäfts- oder Berufstätigkeit erwerben oder nutzen, als Verbraucher betrachtet werden. Deswegen werden nur die Geschädigten, die die Bedingungen für Verbraucher erfüllen werden, die Verletzungen ihrer Rechte mit Kollektivklagen auf dieser Grundlage geltend machen können, wobei für den Erfolg der Klagen auch andere in Verbrauchervorschriften festgelegte Bedingungen erfüllt werden müssen.

Außerdem könnten mit Kollektivklage nach ZKolT auch Ansprüche im Zusammenhang mit den Verletzungen der Regeln über Handel in organisierten Märkten und verbotenen Verhaltensweisen des Marktmissbrauchs gemäß ZTFI geltend gemacht. Im Unterschied zum Verbraucherschutz, der nach ZKolT nur bestimmten natürlichen Personen zur Verfügung stehen wird (juristische Personen zählen nämlich nie zu Verbrauchern), werden sowohl juristische als auch natürliche Personen Kollektivschutz auf dieser Grundlage genießen. Im Zusammenhang mit Krypto-Währungen stellt sich die Frage, ob diese überhaupt die im ZTFI bestimmten Bedingungen für Finanzinstrumente erfüllen. Zumindest derzeit wird in Slowenien die Auffassung vertreten, dass aufgrund ihrer Form die Münzen die Bedingungen für Finanzinstrumente nicht erfüllen können, deswegen gilt ZTFI nicht für sie. Da im ZTFI organisierter Markt nur als Markt der Finanzinstrumente (und nicht auch als organisierter Markt irgendwelcher anderen Art) definiert ist, scheint es, dass entsprechend diesem Standpunkt Kollektivklagen im Zusammenhang mit Verletzungen der in organisierten Märkten ausgegebenen Münzen nicht möglich sein werden. Es stellt sich die Frage, ob die Bestimmungen des ZKolT trotzdem berücksichtigt werden könnten, wenn Krypto-Münzen, im Zusammenhang mit denen Verletzungen der Regeln über Handel in organisierten Märkten oder verbotene Verhaltensweise des Marktmissbrauchs vorhanden würden, im Wesentlichen als Finanzinstrumente betrachtet würden, während ihre Ausgabe und Form nicht die Vorschriften in diesem Bereich verfolgen würden. Ferner sei darauf hingewiesen, dass es zur Änderung im Standpunkt der slowenischen Behörden kommen könnte, die bestimmte Formen der Krypto-Münzen als Finanzinstrumente ansehen könnten. In diesem Fall könnten bei Verletzungen im organisierten Markt solcher Münzen auch die Bestimmungen des ZKolT berücksichtigt werden, wobei die Möglichkeit der Kollektivklagen auch für die durch diese Verletzungen geschädigten juristischen Personen eröffnet würde.

Regulierung, die keine endgültigen Antworten bietet

ZKolT bietet also neue Möglichkeiten des Rechtsschutzes einigen geschädigten Inhabern der Krypto-Münzen (vor allem den Verbrauchern). Den anderen Geschädigten, die nicht unter Kollektivschutz fallen werden können, steht nur der klassische Zivilprozess bzw. individuelle Klage zur Verfügung. Da die praktische Anwendbarkeit des ZKolT im Bereich der Krypto-Münzen (vor allem für juristische Personen) gerade von der Entwicklung der Rechtsetzung dieses Bereiches abhängig wird, wird genau die Überwachung der Trends und Änderungen von wesentlicher Bedeutung. Auf jeden Fall ist es aber für die ICO-Projekte bereits jetzt wichtig, dass sie sich der potenziellen Folgen, von denen sie nach Geltungsbeginn des ZKolT betroffen werden können, bewusst sind.